Es braust der See Tiberias



1. Es braust der See Tiberias;
wie schwankt das leichte Boot!
Die Jünger kämpfen schreckensblass
in großer Sturmesnot.
Er aber schläft in Frieden,
als wär`s im sichern Haus
in seligem Ermüden
vom heißen Tagwerk aus.

2. Er schläft, umrollt vom Donnerhall,
vom Wetterschein umblitzt.
Er schläft – gewiegt von Wogenschwall -
von Gischt und Schaum umspritzt.
Er schläft, die Wellen decken
das schwache Schifflein schier.
Da kreischt`s in jähem Schrecken:
„Herr hilf, sonst sinken wir!“

3. „Kleingläubige, was zagt ihr doch?“
Sieh da, von Sturm umwallt,
ersteht im Schifflein still und hoch
die herrliche Gestalt,
reckt in die Wetternächte,
reckt in das Sturmgebrüll
die königliche Rechte -
und Wind und Meer sind still.

4. Mit blankem Segel schwebt das Boot
gelassen wie ein Schwan
dahin in mildem Abendrot
auf spiegelheller Bahn.
Die Menschen aber fragen:
„Was ist das für ein Mann,
vor dem die Stürme zagen?“ -
und beten Jesus an.

5. Ja, bet ihn an. Und wenn dein Schiff
auf wilden Wogen schwebt,
und wenn vor Klipp und Felsenriff
dein Herz manchmal erbebt,
und wenn in Sturm und Wetter
auf Menschen kein Verlass,
dann schaue auf den Retter
vom See Tiberias.

6. Und kannst du nicht gleich Hilfe sehn,
verzag nicht, trau der Schrift!
Wie kann ein Boot denn untergehn,
wo Gott sich eingeschifft?
Ist`s Zeit, reckt in die Nächte,
reckt in das Sturmgebrüll
Gott königlich die Rechte.
Und Wind und Meer sind still.

Autoren:
Vers 1 bis 4: Karl Gerok (1815 – 1890)
Vers 5 bis 6: Toni Jung (1918 – 2014)


(Autor: Karl Gerok und Toni Jung)


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