Ernster, heil‘ger Augenblick


1. Ernster, heil‘ger Augenblick,
Gott, der Herr, will reden!
Zur Besinnung kehr‘ zurück!
Aus dem Traum, dem schnöden.
Blick erwartungsvoll auf Ihn,
stille und mit Tränen!
Laß dein Herz Ihm neu erglüh‘n,
nach dem Wort sich sehnen.

2. Gib mir Ernst! Herr, scheuche fort
alle Truggestalten.
Nichts ertöne als Dein Wort,
das ich will behalten.
Brich des Leichtsinns Schreckensmacht,
die den Ernst mir raubet.
Rede, daß mein Herz erwacht,
daß es ernstlich glaubet.

3. Dieser Stunde Rechenschaft
kommt an jenem Tage.
Gott, verleih‘ mir Ernst und Kraft,
daß ich es nicht wage,
hier zu sitzen ohne Herz,
voll von tausend Dingen,
aber ohne Wonn‘ und Schmerz,
ohne Fleh‘n und Ringen!

4. Majestät, so rede Du!
Rede, großer König!
Ich, ein Stäublein, höre zu -
O, wie bin ich wenig!
Dennoch redest Du mit mir!
Redest als ein Vater!
Ew‘ger, höchster Ruhm sei Dir!
Rede, mein Berater!


(Autor: Julius Köbner (1806 - 1884))